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19.07. 07:20

ROUNDUP/Scholz in Belgrad: Lithium-Abkommen mit Serbien


BELGRAD (dpa-AFX) - Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) will am Freitag eine EU-Partnerschaft mit Serbien zum Abbau des für Elektroautos so wichtigen Lithiums mit ins Leben rufen. Bei seinem Besuch in Belgrad wird er zusammen mit Präsident Aleksandar Vucic und dem Vizepräsidenten der EU-Kommission, Maros Sefcovic, an der Unterzeichnung eines Abkommens teilnehmen, das eine umweltverträgliche Förderung des wertvollen Leichtmetalls im Jadar-Tal ermöglichen soll. Dort schlummert eine der größten europäischen Reserven des weltweit äußerst knappen und begehrten Rohstoffs, der für die Herstellung von Batterien unersetzlich ist.

Scholz flog am Abend direkt vom Europagipfel in Südengland nach Belgrad. Im serbischen Luftraum wurde sein Regierungsflieger von zwei serbischen Kampfflugzeugen eskortiert - eine besondere Würdigung des Gastes aus Deutschland. Die Ankunft wurde live im serbischen Fernsehen übertragen und Vucic begrüßte Scholz persönlich am Flughafen, obwohl er erst nach 23.00 Uhr landete. Auch das ist ungewöhnlich.

EU setzt sich gegen China durch

Für beide Seiten geht es bei dem Rohstoff-Abkommen um viel. Ziel Serbiens ist es, eine Wertschöpfungskette für Elektromobilität vom Abbau des Rohstoffs bis zur Batteriefertigung aufzubauen. Das bedeutet Staatseinnahmen, Investitionen und Arbeitsplätze, aber auch mehr Nähe zur EU für das Land, das einen Beitritt zur Europäischen Union anstrebt.

Für Scholz ist das Abkommen Teil seiner China-Strategie, die auf eine Reduzierung der Abhängigkeit von der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt abzielt. China kontrolliert einen großen Teil des Abbaus und der Verarbeitung von Lithium weltweit. Man könne nicht einerseits diese Situation beklagen und andererseits selbst keinen Lithium-Bergbau betreiben wollen, sagte Scholz vor seiner Abreise nach Belgrad. "Das muss an vielen Orten der Welt geschehen, aber eben auch in Europa." Und das müsse dann so gemacht werden, dass es der Wirtschaft nutze, aber gleichzeitig die Umwelt schone.

Auch China hatte sich um den Lithium-Abbau in Serbien bemüht, im Mai war Präsident Xi Jinping in Belgrad. Dass man sich trotzdem nun als Europäer durchgesetzt hat, wird von deutscher Seite als großer Erfolg gefeiert, der vielleicht auch Ausstrahlungskraft auf weitere Rohstoff-Projekte haben könnte.

Lithium für mehr als eine Million E-Autos im Jahr

Das Abkommen hat eine längere Vorgeschichte. Bereits vor drei Jahren gab der australische Bergbaugigant Rio Tinto bekannt, dafür eine Milliardeninvestition tätigen zu wollen. Nach Schätzung des Unternehmens kann das geplante Bergwerk jährlich 58.000 Tonnen Lithium produzieren. Das würde serbischen Medienberichten zufolge den Bedarf von 1,1 Millionen Elektro-Fahrzeugen decken, was etwa 17 Prozent der europäischen Produktion entspreche.

Die Autohersteller Mercedes-Benz und Stellantis verhandeln mit Rio Tinto bereits über eine Beteiligung an dem Projekt. Diese beiden und weitere Unternehmen werden am Freitag mit der serbischen Regierung ebenfalls eine Absichtserklärung über die Zusammenarbeit unterzeichnen

Umweltschützer sorgen sich um Trinkwasser

Das Projekt ist aber hoch umstritten. Umweltschützer kritisieren unter anderem, dass Lithium-Bergbau das Grundwasser mit Schwermetallen verunreinige und daher eine Gefahr für die Trinkwasserversorgung der Anwohner darstelle. Im Kanzleramt argumentiert man, dass über eine Beteiligung deutscher Unternehmen noch am ehesten ein umweltverträglicher Abbau gewährleistet werden könne.

Die serbische Regierung hatte den Weg für das Projekt erst vor wenigen Tagen freigemacht. Sie berief sich auf ein kurz vorher ergangenes Urteil des Verfassungsgerichts. Dieses hatte die 2022 erfolgte Annullierung des Raumordnungsverfahrens für das Lithium-Projekt für verfassungswidrig erklärt.

Umweltschützer betrachten die Entscheidung allerdings als Gefälligkeitsurteil zugunsten der Regierung. Die Kritik an dem Projekt ist eins der wichtigsten Themen der serbischen Opposition. Diese wirft dem Westen vor, wegen des Lithiums auf Kritik an Vucic zu verzichten. Dem serbischen Präsidenten werden Abbau der Demokratie und des Rechtsstaats sowie ein enger Draht zu Russland vorgeworfen./mfi/DP/zb